Insekten des Jahres 2020

Insekt des Jahres - Schwarzblauer Ölkäfer

Foto: R. Bellstedt
Foto: R. Bellstedt

In Honig zubereitet zählt das Insekt des Jahres zu den bekanntesten Liebestränken. Doch der Verzehr dieses Aphrodisiakums könnte nicht zum erwünschten Ziel führen, denn bereits ein Käfer enthält genug Gift um einen Erwachsenen zu töten. Der Ölkäfer ist schon seit 4000 Jahren Bestandteil unserer Kultur. Sein Gift kam in Griechenland bei Hinrichtungen zum Einsatz, Giftmorde sind bis heute bekannt. Das älteste Pflaster aus altägyptischem Papyrus mit Ölkäfergift wird auf das Jahr 1550 vor Christus datiert, es diente wahrscheinlich der Wehenförderung. Friedrich der Große zahlte einem schlesischen Bauern 10.000 Taler für ein auf Ölkäfern basierten Mittel, das, so sagte der Bauer, gegen Tollwut helfen soll. Daraufhin erließ der König 1777 eine Anordnung dieses Mittel in Apotheken zu verkaufen. Für medizinische Zwecke sind 1880 ca. 15.000 kg Käfer nach Deutschland importiert worden. Beim im Ölkäfer enthaltenen Cantharidin handelt es sich um ein Reiz- und Nervengift, das natürlicherweise in verschieden Käferarten vorkommt. Es führt zur Blasenbildung auf der Haut und an den Schleimhäuten. Es hat schwerwiegende gesundheitliche Folgen. So treten neben einer Dauererektion auch Kopfschmerz, beschleunigter Puls, Atemnot, Schwindel, Zittern und Koma auf, letztendlich kann das Gift zum Tod führen. Das gelbliche Gift, das ihm seinen Namen gab und das er bei Gefahr aus den Poren seiner Beingelenke drückt, soll ihn v.a. vor Ameisen und Laufkäfern schützen. Igel und Vögel sind gegen das Gift immun, auch Frösche fressen Käfer, die dieses Gift produzieren. Dies wurde beim Ägyptenfeldzug Napoleons Truppen zum Verhängnis, die solche Frösche gegessen haben. Gnitzen und Wanzen stechen die Ölkäfer an um das Gift für die eigene Verteidigung zu saugen. Der maximal 5,5 mm große Einhornkäfer nutzt das Cantharidin als Brautgeschenk: Weibchen paaren sich nur mit den Männchen, die genügend Cantharidin gesammelt haben. Das Gift wird an die Larven weitergegeben. Einkornkäfer stoßen Löcher in den Hinterleib des Ölkäferweibchens, es konnten an einem Ölkäfer bereits acht Löcher mit 20 Einhornkäfern gefunden werden. In Mitteleuropa gibt es mehr als 20 Ölkäferarten, der Schwarzblaue Ölkäfer ist am häufigsten und dennoch selten. In den Roten Listen wird er als gefährdet geführt. Wie viele Tier- und Pflanzenarten leidet auch er unter dem Lebensraumverlust und der Zerschneidung. Jedes Weibchen legt bis zu sechsmal bis zu 9.500 Eier, trotzdem wird nur aus etwa jeder 1.000 Larve auch ein Käfer. Denn die Larven schmarotzen bei Wildbienen um dort deren Larven und Pollenvorräte zu fressen. Nach einem Jahr im Boden klettern die Larven des Ölkäfers auf Blüten um sich dann an den Wildbienen festzuklammern und um in deren Nest zu kommen. Zuweilen klettern sie auch zu mehreren auf einen Grashalm und imitieren so eine Blüte. Aber die Ölkäferlarven, die aufgrund ihrer Fußform als Triungulinus bezeichnet werden, klammern sich an alles, was kommt. Wenn es keine Wildbiene ist sterben sie unweigerlich. Allein an einem Weichkäfer konnten gleich 454 Ölkäferlarven gefunden werden. Der Schwarzblaue Ölkäfer wird auch Maiwurm genannt, da er v.a. im Frühling beobachtet werden kann. Das Insekt ist flugunfähig und ernährt sich von vielen Blütenpflanzen. Er bevorzugt sandige und offene Stellen mit vielen Bienennestern und ist daher v.a. auf Heiden, Trockenrasen und Streuobstwiesen aber auch in Gärten oder an Wegrändern zu finden. Fehlendes Wissen kann dabei auf Spielplätzen, in Kindergärten oder auf Schulhöfen sehr gefährlich werden. Es handelt sich um einen recht großen Käfer von bis zu 5 cm, die Weibchen sind größer und die Männchen haben dickere Fühler mit auffälligem Knick. Die ausgewachsenen Käfer leben dann nur noch etwa einen Monat. Der Maiwurm ist auf intakte, hochwertige und naturnahe Lebensräume angewiesen und damit ein Indikator für ein intaktes Ökosystem.

Schmetterling des Jahres - Grüner Zipfelfalter

Foto: C. Schuster
Foto: C. Schuster

Struktur- und artenreiche Lebensräume besiedelt der Schmetterling des Jahres. Der Grüne Zipfelfalter, der zur Familie der Bläulinge gehört, ist die einzige in Mitteleuropa vorkommende Art mit dieser Färbung und kann daher auch nicht so schnell verwechselt werden. Die grünen Flügelunterseiten und die braunen Oberseiten bieten ihm eine perfekte Tarnung, weshalb er auch nur schwer auszumachen ist. Er besiedelt offene und halboffene Landschaften wie Waldränder, Wiesen und Weiden. Doch gehen diese Lebensräume aufgrund Nutzungsaufgabe, Intensivierung, Düngung oder Aufforstung verloren, weshalb der eher anspruchslose Falter deutlich zurückgegangen ist. Der wärmeliebende Grüne Zipfelfalter fliegt zwischen April und Juli und überwintert als Puppe im Boden. Die Puppen können bei Störungen sogar zirpende Geräusche von sich geben.

Libelle des Jahres - Speer-Azurjungfer

Foto: J. Kaiser
Foto: J. Kaiser

Die Speer-Azurjungfer ist die mit 33 mm Länge seltenste Kleinlibelle Deutschlands und eine typische Moorart. In den letzten Jahren ist sie deutlich zurückgegangen, in vielen Teilen Deutschlands ist sie vom Aussterben bedroht. Aufgrund ihrer Gefährdung und um für ihren Lebensraum zu werben war sie schon einmal 2013 Libelle des Jahres. Sie ist eine sehr schwer zu bestimmende Art die je nach Höhenlage zwischen Mai und August beobachtet werden kann. Ihr Überleben ist abhängig von der konsequenten Erfassung noch vorhandener Vorkommen und dem Schutz dieser vor Nährstoffeintrag. Besiedelte Teiche müssen extensiv bewirtschaftet und nährstoffarme Flachgewässer neu angelegt werden. 

Biene des Jahres - Auen-Schenkelbiene

Neben den Ödlandbereichen gehen auch Feuchtflächen durch Umnutzung und Flächenversiegelung zunehmend verloren. Hier lebt die Biene des Jahres. Namensgebend sind die verdickten Hinterbeine der Männchen. Die Auen-Schenkelbiene fliegt zwischen Juni und August und ist eine echte Besonderheit. Während andere Bienen ihre Brut mit Nektar und Pollen versorgen, vermengt die Auen-Schenkelbiene ihren gesammelten Pollen mit Pflanzenöl zu einem energiehaltigen, wachsartig, krümeligen Ölkuchen. Öl sammelnde Bienen sind sonst nur aus den Tropen und Subtropen bekannt. Auf der Nordhalbkugel sind sie Schenkelbienen die einzigen ölsammelnden Wildbienen. Dieses Öl sammeln sie an den Blüten v.a. des Gilbweiderichs, auf dessen Vorkommen sie angewiesen sind. Das Pflanzenöl wird außerdem genutzt um die Nestwände zu Imprägnieren und so die Brut vor Austrocknung, Feuchtigkeit oder Schimmel zu schützen. Auf den Ölkuchen hat es außerdem die Schmuckbiene Epeoloides coecutiens abgesehen. Sie legt ihre Larve in das Nest der Wirtsbiene und ist daher eng an das Vorkommen der Schenkelbiene gebunden. Die ausgewachsene Schenkelbiene ernährt sich vom Nektar verschiedener Pflanzen, die in der Nähe zu den Ölpflanzen wachsen. Derzeit ist sie nicht gefährdet, da Gilbweiderich noch sehr verbreitet ist und viele Gärten ziert, was die 8-9 mm kleine Biene gern annimmt. Schützen und unterstützen kann man die Biene des Jahres und auch viele andere Nektar- und pollensammelnde Insekten indem man Grabenränder und Bachufer nicht zur Blütezeit mäht, denn das führt zu einem schlagartigen Wegfall der Öl- und Nektarspendenen Pflanzen und damit langfristig auch zum Rückgang der Biodiversität.